Warum und wozu?
Menschen, die sich für die Erhaltung ihrer Lebensgrundlagen einsetzen, werden selbst zunehmend Opfer von Gewalt ...
Menschen, die sich für die Erhaltung ihrer Lebensgrundlagen einsetzen, werden selbst zunehmend Opfer von Gewalt ...
Alle regen sich auf. Greenpeace, Robin Wood, Rettet den Regenwald. Palmöl ist böse! Palmöl tötet die Orang-Utans! Palmöl macht ein einzigartiges Ökosystem kaputt!
Wo sie recht haben, die Guten. Ich finde das auch scheiße. Und niemand, der weiß, was Palmöl ist und was es anrichtet, würde sagen "Ja, geil, Palmöl!"
Aber hilft das klagen und wettern? Wenn immer nur alles kritisiert wird (und das natürlich auch aus gutem Grund), aber keine Verbesserungsvorschläge kommen? Wenn einfach keine Alternativen aufgezeigt werden? Natürlich ist es gut, viele Leute auf die Problematik aufmerksam zu machen. Doch ist es überhaupt sinnvoll, die Menschen auf ein Problem hinzuweisen, für das es keine Lösung gibt?
Das Schlimmste ist, das ich gerade genau das Gleiche mache.
Die Mehrheit der Deutschen weiß wahrscheinlich nicht einmal, was Palmöl überhaupt sein soll. Ein paar wissen bescheid. Und manche haben schon einmal davon gehört. Unter jenen herrscht der weitverbreitete Irrglaube, ein Großteil des Palmöls verschwinde in der Biodieselproduktion.
Denn - oh Wunder! - auch hierfür wird als Rohstoff unter anderem Palmöl verwendet. Aus 5% des weltweit gewonnenen Palmöls wird Biodiesel hergestellt. In Deutschland ist der Anteil, den das Palmöl dabei jedoch ausmacht, noch geringer: Hierzulande wird hauptsächlich auf Rapsöl gesetzt.
Was die Leute ertaunt, ist, dass viel mehr für Produkte des täglichen Lebens draufgeht: Schokolade, Eiscreme, Margarine, Waschmittel oder Kosmetika beispielsweise.
Da hat die Schokolade eindeutig "gewonnen"!
Hier noch ein paar interessante Zahlen zu Palmöl - v.a. Biodiesel:
- Produktion weltweit (2009): 50,7 Mio. Tonnen (45,4 Mio. Tonnen Palmöl, 5,3 Mio. Tonnen Palmkernöl)*
- Verbrauch Palmöl Deutschland, sämtliche Nutzungen wie Lebensmittel, Oleochindustrie, Biodiesel (2009): 1,16 Mio. Tonnen*
-Verwendung Palmöl Deutschland, Biodiesel (2009): ca. 130.000 Tonnen**
-Verwendung Palmöl für Biodiesel durch deutsche Hersteller (2009): ca. 20.000 Tonnen***
- Durch den Round Table on Sustainable Palm Oil (RSPO) zertifiziertes Palmöl insgesamt: ca. 1,5 Mio. Tonnen ****
- Biodieselproduktion in Deutschland 2009: 2,5 Mio. Tonnen
-davon Beimischung (B7): 2,3 Mio. Tonnen
-davon B100: 250.000 Tonnen
Quellen:
* OVID, Oilworld
** VDB – Schätzung nach Angaben von Greenpeace
*** VDB – Schätzung nach Umfrage bei VDB-Mitgliedern
**** Angabe Round Table on Sustainable Palm Oil (RSPO)
Ja, es gibt sie, die richtig Bösen. Die großen Bosse von Firmen und Banken, die mit ihrer Profitgier und der „ich-stell-mich-taub-und-blind“-Masche die Natur ausbeuten, sie verpesten und zerstören.
Und dann gibt es die, die all das geschehen lassen. Nicht, weil sie schlechte Menschen sind und ein solches Verhalten tolerieren würden, sondern weil sie einfach nicht hinsehen.
Ja, sie finden es schlimm, dass täglich 15 Millionen Liter Erdöl im Golf von Mexico ins Meer fließen, und noch viel schlimmer ist es, wenn im Münchner Zoo das süße Elefantenbaby stirbt.
Sie haben ein Gewissen, natürlich. Aber nutzen tun sie es nur sehr eingeschränkt, wenn man ihr Gewissen graphisch darstellen könnte, so würde es wohl aussehen wie ein löchriges T-Shirt. Es deckt eben nur manche Bereiche ab. Und ist schon beruhigt, wenn man Müll trennt, mal ausnahmsweise nicht bei Aldi einkauft und die Bösen von McDonalds boykottiert.
Ich bin dafür, dass all die, die sich ihr Haar mit Pantene Pro-V waschen, deren Mittagessen aus einer Knorr-Tütensuppe besteht, die – zur Beruhigung ihres Gewissens – ihr Auto mit Biodiesel betanken, die ihre Augen mit Jade-Wimperntusche schminken, all die – und das heißt eigentlich wir alle – sollten sich den Film „Green“ von Partick Rouxel ansehen:
„Ihr Name ist GREEN, sie ist allein in einer Welt, die nicht zu ihr gehört. Sie ist ein weiblicher Orang Utan, ein Opfer der Waldzerstörung und der Rohstoffplünderung.
Der Film ist eine emotionale Reise durch GREENs letzten Tage. Es ist eine Fahrt, die uns teilhaben lässt an den Schätzen der Artenvielfalt der Regenwälder und den verheerenden Folgen von Holzeinschlag und Waldbeseitigung für Palmöl-Plantagen, am erstickenden Qualm von den Regenwaldfeuern und dem tragischen Ende der Vielfalt des Regenwaldes.
Du wirst die Folgen unseres Konsums sehen und mit unserer persönlichen Verantwortung am Verlust der Regenwälder weltweit konfrontiert werden.“
Der Link zum Film: www.greenthefilm.com
Und dann sollen sie noch einmal sagen, der Regenwald sei doch so weit weg und vieles mache ihn kaputt, daran könnten sie, so leid es ihnen tue, auch nichts ändern.
Verdammt noch mal!!
Betreff: Frage zur Deklaration von Lebensmitteln
Sehr geehrte Damen und Herren,
Seit Längerem beschäftige ich mich nun schon mit dem Thema Palmöl. Dabei bin ich auf einige Unklarheiten gestoßen, von welchen ich mir erhoffe, sie durch Ihre Antwort aus dem Weg räumen zu können.
Ich setzte mich im Rahmen eines freiwilligen ökologischen Jahres intensiv mit der Regenwaldzerstörung auseinander, zu welcher das Palmöl nicht unwesentlich beiträgt. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ein Einzelner mit seinem Konsum bzw. mit dem Verzicht auf Konsum nicht viel ausrichten kann, dennoch versuche ich, dem Palmöl so weit wie möglich "aus dem Weg zu gehen". Dies gestaltet sich jedoch äußerst umständlich, da die Produkte vollkommen unzureichend deklariert sind.
Auf die Nachfrage bei einigen Firmen bekam ich zu hören, dass es legal sei, Palmöl als pflanzliches Fett zu deklarieren. (Eigentlich wollte ich nicht wissen, ob es legal sei, in die Inhaltsangabe eine solche diffuse Angabe zu setzen, sondern eher wieso dies Gang und Gebe ist.) Dennoch stellt sich mir nun die Frage, wieso es erlaubt ist, solch irreführende und verbrauchertäuschende Angaben zu machen. Ist das nicht fast das Gleiche, wenn man ein Wurstprodukt mit der Angabe "Fleisch" deklariert?
Mit erwartungsvollen Grüßen,
Alina Fuchs
Auf diese Anfrage bei einem Spezialisten für Lebensmittelrecht bekam ich folgende -leicht deprimierende- Antwort:
Betreff: AW: Frage zur Deklaration von Lebensmitteln
Sehr geehrte Frau Fuchs,
Eine entsprechende Ausarbeitung kann ich Ihnen erstellen.Dazu bitte ich um unterzeichnete Rücksendung beigeschlossener Vergütungsvereinbarung. [280€ pro Stunde]
Ich gehe derzeit von einer Ausarbeitungszeit von max. 4 Stunden aus.
Mit freundlichen Grüßen,
Bernd Goecke
Rechtsanwalt
...die Beantwortung dieser einfachen Frage würde sich dann auf über 1000 € belaufen. So ein Scherzkeks, dieser Herr Goecke.
Nach der dezenten Nachfrage beim Hersteller des allseits beliebten Doppelkekses mit Schokoladenfüllung, weshalb sie ihr Produkt so unzureichend deklarieren würden (ich hatte unter anderem den bildhaften Vergleich mit der Wurst gebracht), erhielt ich folgende Antwort:
"[...] Die Deklaration als pflanzliches Fett ist gemäß geltendem Lebensmittelrecht festgelegt und rechtlich in Ordnung. Als verantwortungsbewusstes Unternehmen legen wir Wert darauf, dass die Produktion unserer Rohstoffe unter ökologischen und sozialverträglichen und für uns transparenten Rahmenbedingungen stattfindet, was sowohl einen Raubbau an der Natur ausschließt als auch eine artgerechte Tierhaltung bedingt. Wir achten darauf, dass sich unsere Lieferanten für den nachhaltigen Anbau von Palmfett engagieren, z. B. durch eine Mitgliedschaft bei der Organisation RSPO* (Roundtable for sustainable Palm Oil). Wir unterstützen die Maßnahmen und Kriterien des RSPO und sind seit März 2010 ebenfalls Mitglied. Selbstverständlich werden wir den Einsatz von nachhaltigem Palmfett in unseren Produkten weiter fortsetzen. [...]" (...blaa..blaaa..)
Ja, wer hätte vermutet, dass es nicht illegal ist, Palmöl als pflanzliches Fett zu deklarieren?? Das beantwortet jedoch nicht das Warum. Deshalb werde ich mich an einen Spezialisten für Lebensmittelrecht wenden, um zu erfahren, weshalb es zulässig ist, derart unzureichende Produktinformationen zu geben.
* Der RSPO (Roundtable for sustainable Palm Oil) ist ein Siegel, welches Palmöl als "nachhaltig" zertifiziert. Mitglieder sind Palmölhändler und Abnehmer, aber auch der WWF. Das Siegel steht in der Kritik, da sich Palmöl und Nachhaltigkeit eigentlich ausschließen und der RSPO Unternehmen eine hervorragende Möglichkeit bietet, Greenwashing zu betreiben.